Das pralle Leben mit einer Prise Märchen und etwas Bildung!
Frau Christkind arbeitet beim sozialpsychiatrischen Dienst in München. Sie hat zwei pubertierende Kinder, einen Mann, der sich frisch verabschiedet hat zu einer anderen Frau, und ist noch vom Abend mit den Freundinnen im Restalkohol. Morgens um sechs ist ihre Welt nicht mehr in Ordnung. Denn es klingelt Sturm.
Der gutaussehende Mann im Weihnachtskostüm, der vor der Türe steht, behauptet, der Weihnachtsmann zu sein. Er hat soeben das Christkind abstürzen lassen vom Himmel und meint, sie sei die ideale Ersatzbesetzung.
Name und Locken stimmen. Sein Charme und die Art der Erzählung überrumpeln sie, und so richtig lässt er auch nicht locker. Also ist der erste Plan, ihn zur Notaufnahme zu bringen. Schon der Weg dorthin führt ins Chaos. Er weigert sich in die U-Bahn zu steigen, kennt unsere „Schlitten“ nicht und ist freundlich zu allen, die ihn als Weihnachtsmann ansprechen.
Sie macht müde gute Mine zum unwirklichen Film und versucht ihr Bestes. Nicht mehr lange, denn die Probleme häufen sich. Beim Notdienst ist man kurz davor, auch sie einzuweisen, ihn bekommt man nicht dazu. Sein Schlitten samt Rentieren ist verschwunden. Sie nimmt ihn auf, er will sie von seiner Echtheit überzeugen, aber sie bleibt ungläubig.
Dabei kann er so gar nichts mit den Errungenschaften unserer Zeit anfangen. Ob Haushaltsgeräte, Badewanne oder Herd – alles wird behandelt, wie noch nie erlebt. Das nervt sie und macht Ärger. So wird er auch zum Problem und insgeheim auch so genannt. Nebenher ist er aber sensibel, feinfühlig und guten Willens.
Er hilft also, den Ex-Ehemann eifersüchtig zu machen. Arbeitet im Baumarkt, in der Freizeit gibt er den Weihnachtsmann, hilft im Haushalt und versucht sich wirklich in die menschliche Welt zu integrieren.
Dabei nimmt er jeden Menschen ernst, seine Worte beim Wort. Das ist dann durchaus lehrreich für den Leser. Ferner ist Frau Christkind in Geschichte bewandert und man erfährt eine Menge über Sehenswürdigkeiten und Familien in München.
Als Weihnachten kaum noch zu retten ist, das Christkind nicht will, wie er will, und sie ihn einfach nicht entlarven kann, ein Patt. Der letzte Plan: Sie lenkt zum Schein ein. Die Kinder werden langsam zugänglich. Der Exmann lässt ein wenig mehr Einblick in sein Innenleben und die Ansicht der Ehe zu – ein Weihnachtsmärchen beginnt.
Denn das Christkind wird über Youtube geoutet. Nach einigen Irrungen auch gefunden. Die Familie Christkind kommt wieder zusammen und versucht sich als Familie. Für Nebenschauplätze finden sich wunderbarerweise durch Weihnachtswunder auch Lösungen. Und man könnte doch an den Weihnachtsmann glauben.
Manche Passagen sind etwas lang, der arme Mann wird stets ein „Problem“ genannt, obwohl doch auch Verliebtheit aufkommt. Die stets vorhandene Selbstreflexion aus Berufsgründen ist auch nicht immer spannend. Und die stets „Pubertiere“ genannten Jugendlichen haben den Witz dann auch schon hinter sich.
Aber alles in allem gute Unterhaltung. Nicht zu weihnachtlich, feierlich sondern mit weihnachtlichem Hintergrund eine leichte Kost mit guten Anregungen. Auch die zuletzt genannten Rezepte sind – wenn doch nicht wirklich echt finnisch – so doch appetitlich zu lesen.
(CS)
Autor: Sina Beerwald
Titel: „Hauptsache, der Baum brennt“
Taschenbuch: 320 Seiten
Verlag: Knaur TB
ISBN-10: 9783426523179
ISBN-13: 978-3426523179