Goethe und Schiller müssen wieder ran. Die Deutschen lesen immer weniger, schon gar nicht die Klassiker. Die Umsatzzahlen brechen ein, so darf es nicht weitergehen. Ihr Verleger Cotta greift tief in die Marketing-Kiste und organisiert eine gemeine Lesereise durch den Harz. Krönender Höhepunkt wird eine Lesung des kompletten Faust auf dem Brocken sein.
Es wird eine Tour de Force, die beide Klassiker bis aufs Letzte fordern wird. Am Ende gibt es einen Todesfall, doch was soll’s?! Unsterblichkeit ist schließlich auch keine Lösung. Goethe und Schiller müssen sich endlich wieder an den Zeitgeist annähern. Dass das gar nicht so leicht ist und mitunter skurrile Formen annehmen kann, ist klar. Davon lebt der Text ebenso wie von den Konflikten, die beim Aufeinanderprallen von Gegenwart und Klassik unweigerlich immer wieder entstehen.
Das tumbe Volk in seiner Mittelmäßigkeit geht den alten Herren auf den Geist, und nicht selten verlieren die beiden ihre Contenance im Umgang mit dem Pöbel. Da sie diese Lesereise vor allem in Schulen führt, machen Goethe und Schiller ausführliche Bekanntschaft mit Schülern aller Alltagsklassen. Es sind Begegnungen, mit denen die beiden Dichter höchst unterschiedlich, aber beide sehr kreativ umgehen.
Und dann ist da noch diese hübsche junge Buchhändlerin, Sabrina Jacqueline Huggelmann, welche den beiden alten Herren als Betreuerin vom Verlag an die Seite gestellt wurde. Alter schützt bekanntlich nicht vor Torheit, und so buhlen die beiden Dichterfreunde um die Gunst der jungen Schönen.
Christian Tielmann ist eigentlich von Hause aus Kinder- und Jugendbuch-Autor, doch mit diesem neuen Roman schreibt er sich in die Herzen einer erwachsenen Leserschaft, ganz sicher. Gegliedert durch die Stationen jener Harzreise des alten Kollegen Heinrich Heine, fließt der Text rasant über die Seiten, und die Geschichte hat ein ordentliches Tempo, welches von den alten Klassikern auch physisch das Äußerste fordert.
Es ist ein Roman für das Bildungsbürgertum (falls es so etwas heute noch bei uns gibt?), und der Leser sollte sich wenigstens basal mit den Werken der beiden deutschen Klassiker auskennen, um die kleinen Spitzen zu goutieren, die der Autor in seinem Text versteckt hat. Sind jedoch diese Grundlagen vorhanden, so bekommt man einen kurzweiligen Lesespaß geboten, welcher der Frage nachgeht, wie gut Goethe und Schiller mit den neuen Herausforderungen im heutigen Literaturbetrieb umgehen würden.
Autor: Christian Tielmann
Titel: „Unsterblichkeit ist auch keine Lösung – Ein Goethe-Schiller-Desaster“
Gebundene Ausgabe: 224 Seiten
Verlag: dtv Verlagsgesellschaft
ISBN-10: 342328188X
ISBN-13: 978-3423281881